Halte
deinen Geist frei von Farben, Bildern und Gestalten.
Wenn
du das innere Gebet praktizierst, darfst du dir selbst keinerlei Ideen, Bilder,
oder Gesichte zugestehen.
Nur wenn wir den Namen auf diese Weise
anrufen - indem wir keine Bilder des Erlösers gestalten, sondern einfach seine
Gegenwart spüren —, werden wir die ganze einigende Macht des Jesus-Gebetes
erfahren.
Das Vorhandensein einer körperlichen Technik
in Verbindung mit dem Jesus-Gebet sollte uns nicht den Blick auf den wahren Charakter
des Gebetes verstellen. Das Jesus-Gebet ist nicht nur eine Art Training, das
uns zu Konzentration oder Entspannung verhilft. Es ist nicht bloß ein bisschen
„christliches Yoga", eine Art „transzendentaler Meditation" oder ein
„christliches Mantra", auch wenn verschiedentlich versucht worden ist,
das Gebet so darzustellen. Im Gegenteil: das Jesus-Gebet ist eine Anrufung,
die ausdrücklich an eine andere Person gerichtet ist: an Gott, der Mensch
geworden ist, an Jesus Christus, unseren persönlichen Retter und Erlöser.
Deshalb bietet das Jesus-Gebet weit mehr als nur eine besondere Methode oder
Technik. Es steht in einem bestimmten Kontext, und wenn man es aus diesem
Kontext herauslöst, dann verliert es seine eigentliche Bedeutung.
Der Kontext, in dem das Jesus-Gebet steht,
ist zuallererst der des Glaubens. Die Anrufung des Namens setzt voraus, dass
derjenige, der das Gebet spricht, an Jesus Christus
als den Sohn Gottes und Erlöser glaubt. Die Wiederholung solcher Gebets-Worte
muss aus einem lebendigen Glauben an den Herrn Jesus erwachsen - dem Glauben
an seine Person und an das, was er persönlich für mich getan hat. Vielleicht
ist in vielen von uns der Glaube ganz unsicher und schwankend; vielleicht ist
er vermischt mit Zweifel; vielleicht fühlen wir uns oft gedrängt, mit dem
Vater des mondsüchtigen Knaben zu flehen: „Herr, ich glaube, hilf meinem
Unglauben!" (Mk 9,24).
Aber man sollte zumindest Sehnsucht nach dem
Glauben haben, und inmitten aller Ungewissheit sollte wenigstens ein Funken
Liebe für Jesus vorhanden sein, den wir noch erst so wenig kennen.
Zum anderen aber steht das Gebet im Kontext
einer Gemeinschaft! Wir rufen den Namen nicht als unabhängige Individuen an,
die sich ausschließlich auf ihre eigenen inneren Möglichkeiten verlassen; wir
beten als Glieder der Gemeinschaft der Kirche. Schriftsteller wie der hl.
Barsanuphios, der hl. Gregor vom Sinai oder Bischof Theophan setzten voraus,
dass ihre Schüler getaufte Glieder der Kirche sind, die regelmäßig am Leben der
Kirche teilnehmen. Diesen empfehlen sie das Jesus-Gebet! Nicht einen
Augenblick sahen sie in der Anrufung des Namens einen Ersatz für die Sakramente.
Vielmehr gingen sie davon aus, dass jeder, der den Namen anruft, ein
praktizierendes Mitglied der Kirche ist.