Samstag, 25. Juli 2020

Gebet ist ein Ablegen der Gedanken.



Halte deinen Geist frei von Farben, Bildern und Gestalten.

Wenn du das innere Gebet praktizierst, darfst du dir selbst keinerlei Ideen, Bilder, oder Gesichte zugestehen.

Nur wenn wir den Namen auf diese Weise anrufen - indem wir keine Bilder des Erlösers gestalten, sondern einfach seine Gegenwart spüren —, werden wir die ganze einigende Macht des Jesus-Gebetes erfahren.

Das Vorhandensein einer körperlichen Technik in Verbindung mit dem Jesus-Gebet sollte uns nicht den Blick auf den wahren Cha­rakter des Gebetes verstellen. Das Jesus-Gebet ist nicht nur eine Art Training, das uns zu Kon­zentration oder Entspannung verhilft. Es ist nicht bloß ein bisschen „christliches Yoga", eine Art „transzendentaler Meditation" oder ein „christliches Mantra", auch wenn verschie­dentlich versucht worden ist, das Gebet so dar­zustellen. Im Gegenteil: das Jesus-Gebet ist eine Anrufung, die ausdrücklich an eine an­dere Person gerichtet ist: an Gott, der Mensch geworden ist, an Jesus Christus, unseren per­sönlichen Retter und Erlöser. Deshalb bietet das Jesus-Gebet weit mehr als nur eine beson­dere Methode oder Technik. Es steht in einem bestimmten Kontext, und wenn man es aus diesem Kontext herauslöst, dann verliert es seine eigentliche Bedeutung.
Der Kontext, in dem das Jesus-Gebet steht, ist zuallererst der des Glaubens. Die Anrufung des Namens setzt voraus, dass derjenige, der das Gebet spricht, an Jesus Christus als den Sohn Gottes und Erlöser glaubt. Die Wiederho­lung solcher Gebets-Worte muss aus einem le­bendigen Glauben an den Herrn Jesus erwach­sen - dem Glauben an seine Person und an das, was er persönlich für mich getan hat. Viel­leicht ist in vielen von uns der Glaube ganz un­sicher und schwankend; vielleicht ist er ver­mischt mit Zweifel; vielleicht fühlen wir uns oft gedrängt, mit dem Vater des mondsüchti­gen Knaben zu flehen: „Herr, ich glaube, hilf meinem Unglauben!" (Mk 9,24).
Aber man sollte zumindest Sehnsucht nach dem Glauben haben, und inmitten aller Unge­wissheit sollte wenigstens ein Funken Liebe für Jesus vorhanden sein, den wir noch erst so we­nig kennen.
Zum anderen aber steht das Gebet im Kon­text einer Gemeinschaft! Wir rufen den Namen nicht als unabhängige Individuen an, die sich ausschließlich auf ihre eigenen inneren Mög­lichkeiten verlassen; wir beten als Glieder der Gemeinschaft der Kirche. Schriftsteller wie der hl. Barsanuphios, der hl. Gregor vom Sinai oder Bischof Theophan setzten voraus, dass ihre Schüler getaufte Glieder der Kirche sind, die regelmäßig am Leben der Kirche teilneh­men. Diesen empfehlen sie das Jesus-Gebet! Nicht einen Augenblick sahen sie in der Anrufung des Namens einen Ersatz für die Sakra­mente. Vielmehr gingen sie davon aus, dass je­der, der den Namen anruft, ein praktizierendes Mitglied der Kirche ist.